grenzenlos zwischen raum und zeit- kritik zu "katharsis, reißverschlüsse und trickster", eine veranstaltung mit filippo borella, stefania grazioli und les trixteurs oszillierend zwischen leben und tod, himmel und erde entzieht sie sich jeglicher klassifikation. ihr ambivalenter, schelmenhafter und scheinbar unendlich wandelbarer wesenszug gibt rätsel auf, schafft zerstörung und erneuerung: die mythische figur des trickster, ein grenzüberschreitender charakter, der sich vehement gegen alles eindeutige und festgefahrene stellt und somit eine anti-struktur zur etablierten ordnung entwirft. das phänomen dieser personifikation des zwischenraums wurde am samstag, den 15. dezember durch die beiden künstler filippo borella (reißverschlußbilder) und stefania grazioli (performance) aus norditalien sowie der gruppe les trixteurs (musik) eingefangen und einem zahlreich erschienenen publikum nähergebracht. filippo borella, der sich aufgrund seines künstlerischen schaffens unter anderem auch als bildhauer eingehend mit dem problem der divergenz zwischen tiefe und oberfläche auseinandersetzte, suchte auch in neuen materialien und ausdrucksformen nach lösungen und stieß dabei auf das medium "reißverschlüsse". seiner tiefsten inneren gesinnung - "der weg ist das ziel", also der schöpferische akt des kreativen arbeitens - folgend, erlebt er diesen als kathartische erfahrung, die etwas neues im künstler und in der kunst heranreifen läßt, welches veränderung und weiterentwicklung von ideen ermöglicht, borella sieht in dieser prozeßhaftigkeit auch den einzigen sinn und zweck der kunst. stefania grazioli visualisierte in ihrer performance die künstlerische katharsis, indem sie die zuschauer mit einem dynamischen schattenspiel in ihren bann zog. musikalisch von andreas klingenberg (gitarrist von les trixteurs) getragen, tauchte ihr körper im einklang zu einem endlos assoziativen gedicht voller tiefgang von filippo toppi mit fließenden bewegungen in die leinwand ein, die, gleich einer sich in ihrem plastischen aufbau stetig in wandlung befindlichen skulptur, ihre oberfläche verformte, bis sie diese mit einem reißverschluß öffnete, hindurchstieg und damit die geburt des neuen symbolisierte. und so vereinten die veränderbaren und faszinierenden reißverschlußbilder von filippo borella in sich grenzenlosigkeit, transformation, die dialektik der tricksterfigur und die möglichkeit lucio fontanas riß in der leinwand wieder zu schließen. der auftritt der gruppe les trixteurs (marco brett, andreas und matthias klingenberg, tobias kropatsch und ilona zimmermann) rundete die atmosphäre "verwischter grenzen" mit ihrem eigenwilligen musikalischen stilmix ab, eine eigenständige melange aus experimentellem 70er-/alternativ-rock mit einflüssen aus 80er-wave und ndw, die aber auch inspirationen von element of crime oder einstürzende neubauten erkennen ließ. ihre akustische bandbreite bewegte sich zwischen sphärischen und schräg eingespielten klängen, sensiblen balladen ("es ist alles nur in dir"), melodischen songs ("rotes Haar - brennend") und zu gitarrengewitter verdichteten arrangements ("der tod ist ein continuum", "der mann"). die Texte (matthias klingenberg / francois villon) erzeugten im kopf bilder, visionen und gefühle, die einen forttrugen, sofern man sie verstehen konnte, was nicht von jeder raumposition aus möglich war. im anschluß an das rahmenprogramm animierte spontan aufgelegte, fernöstliche musik, deren orientalische rhythmen bis in die nacht hinein durch das kellergewölbe hallten, einige besucher sofort zum tanzen und bescherte der gelungenen veranstaltung, die jedem einzelnen eine eigene trickstererfahrung mit auf den weg gab, ein stimmiges ende. nicole fröhlichdie souffleuse, februar/märz 2002 |
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